Rezension"Dieter Wellershoff erzählt von seiner Zeit als Soldat der Wehrmacht und seinen Einsätzen an der Ostfront. Klaus Sander und Thomas Böhm konnten Wellershoff, der 1925 in Neuss geboren wurde und heute Kölns bedeutendster Schriftsteller ist, in diesem Frühjahr interviewen. Und wie stets bei den Produtionen von Klaus Sanders suppose-Verlag hat man den Eindruck, dem Sprechenden direkt gegenüber zu sitzen. Der 84-jährige erzählt von den sinnlosen Angriffen gegen einen technisch und zahlenmäßig weit überlegenen russischen Gegner. Er spricht über den Moment, in dem sein Führungsoffizier in den Hals geschossen wird, oder der Kamerad neben ihm in den Rücken. Die große zeitliche Entfernung lässt ihn die Schrecken oftmals nur konstatieren; vieles erzählt sich für heutige Ohren erstaunlich abgeklärt, gerade weil man merkt, wie Wellershoff darum bemüht ist, sich selbst die Ungeheuerlichkeit der Ereignisse zu vergegenwärtigen. Es ist interessant und mutig, dass er sich diesem Erinnerungsprojekt ausgesetzt hat. So ist neben dem Blick auf die konkreten Fronterlebnisse der Ton, mit dem er über Nationalsozialismus und die Kriegskatastrophe spricht, das Vermächtnis, das seine Generation hinterläßt. Mit einem schnörkellosen Erzählgestus, der aus dem realen Leben des Durchschnittsdeutschen berichtet ohne einen moralischen Bedeutungshorizont aufzuziehen, wird hier über den größten Krieg aller Zeiten gesprochen. Es ist faszinierend, dieser Wahrheit zu lauschen, und man folgt begierig Dieter Wellershoffs lässiger rheinischer Intonation. Eine tolle Produktion - zumal sich das Projekt wunderbar in die Erinnerungsreihe von suppose mit Aufnahmen von Peter Kurzeck und Herta Müller fügt." (Thomas Linden, Kölnische Rundschau, 21. Oktober 2010) "Dreieinhalb Stunden lang erzählt Wellershoff von seinem Leben als Soldat. Lakonisch, beinah kühl, nichts beschönigend und ganz bewusst ohne theoretischen Überbau. Er vergegenwärtigt sich vielmehr noch einmal ganz minutiös die Perspektive des Siebzehnjährigen. Auch wegen seiner Ehrlichkeit ein unglaublich beeindruckendes Dokument." (Gabriela Schaaf, Deutsche Welle, Bücherwelt, 30. Oktober 2010) "Eine Aufsehen erregende, überaus faszinierende Publikation." (Hajo Steinert, Deutschlandfunk Büchermarkt, 1. November 2010) "Dieter Wellershoff, der ehedem kriegsbegeisterte, geht mit sich kritisch ins Gericht, in der Rückschau. Er, der als junger Mann geradezu lüstern in diesen 2. Weltkrieg gezogen war, in der Division des morphiumsüchtigen Gespensts Hermann Göring. In freier Rede lässt Wellershoff Revue passieren, was der Krieg mit ihm machte. Mit ihm, der nach dem Krieg jener Generation angehören sollte, für die der Soziologe Helmut Schelsky den Ausdruck 'skeptische Generation' geprägt hat." (Knut Cordsen, Bayern 2 kulturWelt, 3. November 2010) "Eine traumatisierte Generation blieb überwiegend sprachlos, weil die Nachwachsenden vom Krieg nichts wissen wollten und weil Auschwitz und die Verstrickungen der Wehrmacht in Kriegsverbrechen ihre Erfahrungen verdrängte. Was für ein Glücksfall, dass Dieter Wellershoff im Alter noch einmal den Bogen zurück zu den letzten Monaten und Jahren dieses verheerenden 2. Weltkrieges schlägt. Ohne Manuskript erzählt er 215 Minuten lang umfassend über diese für ihn so prägende Zeit, gibt einen tiefen und faszinierenden Einblick wie dieser Krieg ihn und eine ganze Generation formte. Bei einem Himmelfahrtskommando im Memelbrückenkopf entkam er dem massenhaften Sterben nur ganz knapp. Scheinbar ruhig und gelassen erzählt Dieter Wellershoff über diese so ferne Zeit. Und doch wird die Stimme mal forscher, mal leiser, manchmal sagt er zum Schluss 'na ja' oder er lacht kurz auf. Nach und nach entsteht für den Zuhörenden so ein Gewebe aus intensiven Bildern.a¿oe (Angela Gutzeit, WDR 3 Mosaik, 3. November 2010) "Dieter Wellershoff hat am 3. November seinen 85. Geburtstag gefeiert - und seinerseits dem deutschen Publikum termingerecht ein Geschenk überr ...